Den Süden der Insel habe ich mir schon öfter angesehen. Die Region ist mit ihren vielen Gletschern, leicht zugänglichen Wasserfällen, Lavafeldern und schwarzen Stränden, mit Abstand die beliebteste bei den Besuchern Islands. Die meisten der Sehenswürdigkeiten befinden sich entlang des Highway 1 und sind leicht mit dem Auto zu erreichen. Lange Fußmärsche oder gar Wanderungen sind nicht notwenig. Zusammengefasst: Wer in kurzer Zeit viele Eindrücke von Island bekommen möchte, fährt die Südküste entlang.
Ich verrate Euch, warum ich mich nun ausgerechnet in dieser Region nochmal für einen Guide entscheiden habe.
Fernab des Highway 1 und somit der üblichen Touristenspots, gibt es im Süden wunderschöne, ruhige Orte zu entdecken. Leider sind viele von ihnen nicht so leicht oder auf Grund von Privatbesitz überhaupt nicht mehr zugänglich. (Der Massentourismus bringt leider auch ein paar negative Aspekte mit sich.) Deswegen ist es gut, wenn man jemanden kennt, der das notwendige Equipment für das unwegsame Gelände mitbringt und die isländische Sprache beherrscht.
Der Ausgangspunkt für unser zweitägiges Abenteuer war Vik, am südlichsten Zipfel Islands. In der Hoffnung das der Eigentümer des Grundstückes, Sonntag früh 7:30 Uhr schon wach ist, haben wir uns auf dem Weg zu unserem ersten Stop gemacht - den schwarzen Stränden. Vor uns lag ein Feld, welches komplett überflutet war. Ein Weg war nicht zu erkennen, nur eine Art Wasserstraße. Nach dem Motto "no risk, no fun" haben wir gleich mal mit dem Auto ausgetestet, wie tief das Wasser ist.
Der frühmorgendliche Nebel lag noch über dem Meer, als wir am Strand ankamen. Die einzigen Geräusche die es hier gab, kamen vom Wasser, dem Wind oder den Möven die im Fels nisteten. Ein richtig schöner Ort, um in den Tag zu starten.
Ich wusste, dass es im Mai nahezu unmöglich ist Eishöhlen zu finden. Die meisten sind vom Schmelzwasser der Gletscher überflutet oder bereits eingestürzt. Selbst wenn man eine findet, ist es alles andere als sicher sie zu betreten. Gunnar wusste jedoch, dass ganz oben auf meiner Liste die Gletscher und Eishöhlen standen. Und ja - vielleicht habe ich sehr beharrlich darauf hingewiesen, dass ich unbedingt eine sehen will. (Diejenigen die mich kennen, haben in diesem Moment sicher ein breites Grinsen im Gesicht.) Wir haben uns also auf dem Weg zu einem potentiellen Spot gemacht - dem Katla Gletscher. Er ist nicht umsonst der beste Guide, den ich je kennenlernen durfte. :-)
Der Weg zum Katla war schon einzigartig. Von einer Straße konnte man nicht direkt sprechen. Es handelte sich eher um ein Feld aus Lavagestein, welches von grünen, kleinen Bergen umgeben ist. Als ich das erste Eis am Horizont erahnen konnte, hätte ich im Auto auf und ab hüpfen können. Da lag er nun: Katla - ein mit Asche bedeckter Gletscher, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Als das Auto "geparkt" war, haben wir die Ausrüstung eingepackt und uns auf dem Weg zum Eis gemacht.
Die viele Asche die über dem Eis lag, machte das Unternehmen nicht weniger ungefährlich. Löcher oder Risse, lassen sich dadurch nicht ausmachen. Jeden Schritt haben wir vorher mit einem Spaten oder Stock geprüft. Egal ob wir von Gletscherspalten, Schmelzwasser, dem scharfkantigen Eis als solches oder kleinen Erdbeben reden, nichts von all dem trägt zu unserer Sicherheit bei. Wahrscheinlich ist es aber genau das, was diese Anziehungskraft ausmacht.
Auch ohne Eishöhle hat mich Katla total beeindruckt. Vor allem dieser von Wasser geformter Eistunnel. Der steile Anstieg machte es uns nicht leicht dort heranzukommen. Trotz Spikes an den Schuhen, war es schwierig aufzusteigen. Der Boden (Asche über dem Eis) ist uns sprichwörtlich unter den Füßen weggerutscht. Letztlich ist es uns jedoch gelungen. Ich wäre gern hineingeklettert, aber ein großer Isländer hielt mich davon ab. (Da bin ich auch fast einsichtig.)
Nächster Stop - das kleine isländische Stonehenge. Naja die wirklich kleine Miniversion vom Original.
Um hier her zu gelangen, war es nötig erneut einen Fluss zu durchfahren. Macht das bitte nicht mit einem normalen Mietwagen nach! Unterschätzt auf keinen Fall die Wasserkraft und die Tiefe.
TIPP: Auf Island sollte der PKW zwingend Allwetterreifen und einen Schutz gegen Steinschlag haben! Die meisten Straßen abseits des Highway 1 sind unbefestigt (gravel roads). Ohne Kratzer kommt ihr nicht davon. Und wer wirklich durch Flüsse oder die Highlands fahren möchte, sollte in jedem Fall einen 4x4 Wagen mieten und gegen Wasserschäden versichert sein. Prüft in eurem Vertrag, ob Ihr auf den "F" Straßen fahren dürft!
Die alte Hauptstraße entlang der Südküste führt direkt durch das Eldhraun Lavafeld. Obwohl sie parallel zum Highway 1 verläuft, ist sie kaum noch befahren. Das 1783, bei einer der schlimmsten Vulkaneruptionen Islands, entstandene Lavafeld ist mit 565 km² weltweit eines der größten. Heute stehen wir auf dem vom Moos bewachsenen Lavagestein und versuchen uns vorzustellen, welches unvorstellbare Leid dieses Naturereignis mit sich brachte. Selbst für die Hungersnöte in Europa gibt man diesem Ausbruch die Schuld. Monatelang war die Sonne verdeckt, Asche, Sand und Staub lagen in der Luft. Die Naturgewalt ist unvorstellbar.
Die Steine sind super weich. Wenn es nicht so viel geregnet hätte, wäre ich dort sicher länger liegen geblieben. In der Sommersonne sicher ein sehr bequemes Plätzchen für den Sonnenuntergang.
"Möge die Macht mit dir sein." Unter diesem Motto stand unser nächster Besuch bei der Yoda Höhle. Ich war bereits einmal hier, aber Marcus sollte sich das auch nicht entgehen lassen. Man braucht nicht viel Fantasie um zu erahnen, woher die Höhle ihren Namen hat. HIER findet ihr die Bilder von meinem letzten Besuch.
Fjaðrárgljúfur - hinter diesem wirklich schwer auszusprechendem Wort, verbirgt sich eine etwa 2km lange Schlucht. Sie liegt nicht weit vom Eldhraun Lavafeld entfernt und ist leicht über die F206 zu erreichen. Eine Wanderung lohnt sich hier in jedem Fall, der Blick in die bis zu 100m tiefe Schlucht soll einzigartig sein. Allerdings ist es nicht kostenfrei. Im Bereich des Parkplatzes steht ein Kassenhäuschen, bei dem man Eintritt entrichten muss.
Warum wir auf den Blick von oben verzichtet haben, versteht ihr sicher beim Lesen des nächsten Abschnitts.
Svínafellsjökull hieß das nächste Ziel. Ein weiterer Gletscher auf unserer Liste. An der linken Bergseite des Gletschers führt ein kleiner Weg entlang. Dieser ist bei gutem Wetter leicht begehbar und macht es möglich, auch ohne Guide sehr nah an den Gletscher heranzukommen. Bitte werft ab und zu einen Blick nach oben und gebt auf herabfallende Steine und Geröll Acht! Das ist nicht untypisch für den Svínafellsjökull. An einem sonnigen Tag empfehle ich Euch zum Sonnenuntergang herzukommen. Es ist einer meiner Lieblingsorte, einfach wunderschön. Bilder von sonnigen Tagen findet ihr HIER.
Auf dem Weg zum Gletscher haben wir uns noch diesen wunderschönen, sich im Fels versteckenden Wasserfall angesehen. Er lag weit entfernt von der Hauptstraße und es führte auch nicht wirklich ein Weg dorthin. Wir sind quer Feld ein gefahren. Ob er einen Namen hat, kann ich gar nicht sagen. Ein kleiner Fußmarsch und ein bisschen Klettern waren nötig um näher dran zu kommen, aber es hat sich gelohnt. Ohne Gletscher hätte es der Wasserfall auf Platz 1 des Tages geschafft.
Der Tag neigte sich dem Ende entgegen. Im Mai geht die Sonne auf Island gegen 21:30 Uhr unter, wirklich dunkel wird es aber nicht. Vertraut mir ich habe es eine Nacht lang, in der Hoffnung doch noch Nordlichter zu sehen getestet. Den letzten Stop haben wir an der Gletscherlagune Jökulsarlon gemacht. Unser Hotel lag ganz in der Nähe. Ich war schon sehr müde, aber ein paar Seelöwen beim Fischen und einer Herde Rentiere beim Abendessen zuzusehen geht irgendwie immer. Findet ihr nicht?
Nach dem Frühstück sind weiter in Richtung Nord - Osten gefahren. Um zum Ziel zu gelangen mussten wir mehrere Flussläufe durchqueren und sind eigentlich nur auf losem Geröll unterwegs gewesen. Mitten ins Nirgendwo. Ich saß auf dem Rücksitz und sah als Erste, dass beim durchqueren des dritten Abschnitts Wasser ins Auto lief. Die Männer blieben abenteuerlustig cool und ich legte alles bei Seite, was nicht unbedingt nass werden sollte.
Der Weg schien endlos lang, aber das machte nichts. Wir sind zwischendurch ein wenig gelaufen, haben unsere Wasserreserven aufgefüllt oder einfach nur die vielen Wasserfälle angestarrt, die auf uns herabstürzten. Man vermutet das an dieser Stelle vor vielen Jahrhunderten ein Fjord verlief, da Reste von Fischerhütten zu finden waren. Heute wohnt in dieser Gegend niemand mehr.
Irgendwann ging es nicht mehr weiter. Der Fluss wurde zu tief und zu schnell. Wir beschlossen ein Stück zu wandern. Da es nicht weiter nach vorn ging, blieb uns nichts anderes übrig, als nach oben zu klettern. Wanderwege sucht man hier vergebens. Man läuft einfach bis irgendwas kommt, was es nicht mehr möglich macht weiter zu laufen. In unserem Fall eine weitere Anhöhe, fieses Geäst und ein Wasserfall.
Den Weg zu unserem nächsten Ziel haben wir nicht so einfach gefunden. Wir mussten mehrere Anläufe starten, um auf den richtigen Pfad zu gelangen. Ich habe gelernt: links halten hilft immer, auch wenn da kein wirkliches Links ist. Zumindest nicht für den Laien.
Obwohl über der Südküste Islands dicke Wolken lagen, es nieselte und der Wind in einem Affenzahn über die Berge pfiff - hatten wir am Virkisjökull zeitweise blauen Himmel und ein wenig Sonne. Vom Wind blieben wir allerdings nicht verschont. Unsere Gesichter mussten wir mit Masken vor den herumfliegenden, Vulkansteinchen und Sandkörnern schützen. Das war eine Tour inkl. isländischem Gesichtspeeling. Bei Gegenwind hatte ich wirklich Mühe nach vorn und hoch zu steigen.
Katla und Virkisjökull waren wesentlich schwieriger zu besteigen, als z.B. der Solheimajökull auf dem viele Wanderungen angeboten werden. Wenn das Eis frei liegt und man eine gute Sicht auf die Gletscherspalten hat, läuft es sich deutlich unbeschwerter. Zudem waren die Aufstiege vergleichsweise sehr steil. Wir mussten sehr fest ins Eis treten, um trotz der Spikes guten Halt zu haben. Katla und Virkisjökull haben mir nochmal gezeigt, wie wichtig es ist seine Fähigkeiten gut einzuschätzen und nie den Respekt vor Gletschern zu verlieren.
Der Abend kam näher und somit leider auch der Abschied von Gunnar. Das letzte Ziel unser gemeinsamen Reise war Kerlingardalsvegur. Die unbefestigte Straße führte uns über Berge, Täler, in Flussbetten und wieder zurück. Leider konnten wir die Aussicht nicht genießen, weil uns Regen und Nebel die Sicht einschränkten. Trotzdem war es für mich der perfekte Ort, um beide Tage revue passieren zu lassen und "Auf Wiedersehen" und "danke" zu sagen.
Auf road.is könnt ihr verfolgen, ob Kerlingardalsvegur offen oder gesperrt ist. Wenn sie an einem sonnigen Tag freigegeben ist und ihr das richtige Auto habt, dann lege ich Euch einen Besuch ans Herz. Man bekommt einen kleinen Einblick in die wirkliche Natur Islands.
Bitte seht es mir nach, dass ich in diesem Blog nicht alle Orte, die wir besucht haben markiert habe. Manche von Ihnen liegen auf privatem Grund. Wir durften nur mit der Einwilligung der Eigentümer passieren.
Unterkunft Jökulasarlon: Hali Country Hotel
Unterkunft Vík: Vellir Guesthouse (buchbar über diverse Hotelportale)
Tourguide: Icelandic Nature Tours
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Sandra (Freitag, 23 Juni 2017 10:09)
Liebe Diana,
wir möchten Danke sagen! Das Stöbern in deinem Reiseblog und deine persönlichenTipps im Vorfeld unserer Islandreise waren Gold wert.
Wir hatten einige besondere, unvergessliche Momente auf Island: auch im Gletschergebiet Vatnajökull. Der Süden an sich konnte unsere Erwartungen anfangs nicht ganz erfüllen, weil wir auf ein stilles, einsames, naturbelassenes Island gehofft hatten (gut, dass du mich "vorgewarnt" hast und auf den touristischen Süden aufmerksam gemacht hast, sonst wäre ich wahrscheinlich sogar enttäuscht gewesen). Aber als wir dem Vatnajökull näher kamen, drehte sich der Eindruck. Beeindruckend und wunderschön! Wir haben uns an deine Tipps gehalten und einige Gletscher aus nächster Nähe selbst erkundet.
Viele Grüße
Sandra&Matthias