Als ich mich für Grönland als Urlaubsziel entschied, haben viele meiner Freunde mich angesehen und gefragt: "Was willst du dort? Da gibt es doch nur Kälte und Schnee."
Ja, da sich Grönland am Polarkreis befindet gibt es dort vor allem Eis, Schnee und Kälte. Allerdings hat dieses Land auch noch viel mehr zu bieten.
Ein Urlaub im Eis zu verbringen war ein Wunsch der ganz weit oben auf meiner Reiseliste stand. Ursprünglich wollte ich mit meiner Freundin Anja eine siebentägige Hundeschlittentour von Ost nach Westgrönland machen. Allerdings haben uns viele Reiseunternehmen geraten, dies erst einmal in kleineren Routen zu testen. Da 7 Tage Hundeschlitten körperlich sehr anstrengend sind und man ausschließlich im Zelt oder kleinen Kabinen, entlang der Route, ohne Wasser- oder Stromanschluss übernachtet. Und im Winter können die Temperaturen auf minus 40 Grad fallen. Klingt spannend und ist eigentlich genau das Abenteuer, dass ich gesucht habe. Letztlich sind wir aber dem Rat gefolgt und haben uns dagegen entschieden.
Nach einiger Recherche haben wir uns für Ilulissat (zu deutsch: Eisberg) entschieden. Sie ist die drittgrößte Stadt Grönlands und ein sehr beliebtes Reiseziel. Das liegt vor allem am Sermeq Kujalleg, dem aktivsten und schnellsten Gletscher auf der nördlichen Erdhalbkugel und dem Kangia Eisfjord, UNESCO Weltnaturerbe. Zudem liegt Ilulissat an der Diskobucht und bietet eine traumhafte Aussicht auf das Meer und die Eisberge.
In Ilulissat leben circa 4500 Menschen und 1400 Schlittenhunde. Man hat mir versichert, dass diese jedes Jahr gezählt werden. In der Stadt gibt es zwei Fischfabriken, einen großen Hafen, Museen, Hotels, Restaurants und viele kleine Geschäfte.
Das Straßennetz von Ilulissat umfasst 40km, Tendenz steigend. Die wenigsten Einwohner haben allerdings einen PKW. Sie erledigen die Wege zu Fuß oder mit dem Taxi. Davon gibt es erstaunlich viele. Es fährt auch ein Bus. Auf die Zeiten sollte man sich allerdings nicht zu 100% verlassen. Die Hotelinhaberin erzählte mir, dass er auch schnell mal ohne Information ganztägig ausfällt, wenn der Bus für andere Zwecke benötigt wird. Von Stadt zu Stadt gelangt man in Grönland mit dem Flugzeug, dem Boot oder dem Hundeschlitten. Es gibt kein Straßennetz welches die Städte verbindet.
Die Inlandflüge sind sehr teuer, wie so ziemlich alles in Grönland. Mir war im Vorfeld klar, dass Lebensmittel, Restaurants, Ausflüge und Co, die Reisekosten nochmal weit nach oben treiben werden. Aus diesem Grund haben wir uns ein Hotel mit kleiner Küche gesucht. Das war sehr hilfreich. Es gibt mehrere kleine und einen großen Supermarkt in fußläufiger Umgebung. Bezahlt wird in dänischen Kronen. Die Kreditkartengebühren sind extrem hoch, wer kann sollte die EC Karte nutzen oder bar zahlen, sonst bekommt man einen Schock bei der nächsten Abrechnung. Das gleiche gilt im Übrigen für die Handyrechnung. Die Kosten sind im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend. Und die meisten Hotels bieten WLAN nur gegen stündliche Abrechnung an. 1h kostete in unserem Hotel circa 13€.
Ein Blick auf die Zion Kirche und das Krankenhaus von Ilulissat.
Aus meiner Sicht gibt es zwei empfehlenswerte Wanderrouten. Je nach Wetterlage kann es sein, dass man diese im Winter nicht finden kann, da die Markierungen von Schnee und Eis bedeckt sind. Warme Kleidung, die richtige Wanderausrüstung (Schneeschuhe, Steigeisen und Stöcke) und Verpflegung sollten dabei selbstverständlich sein. Die Steine sind oft mit Eis überzogen und die Schneedecke sehr dick.
Als erstes sind wir die blaue Route, auch Kangia Coast Hike genannt gewandert. Kaare, ein junger Däne und Wanderführer bei World of Greenland, hat uns dabei begleitet. Da wir nicht wussten wie die Beschaffenheit der Wege ist, wollten wir uns erst einmal mit Begleitung heran wagen. Wir haben unsere Schneeschuhe angeschnallt und los ging es. Wie der Name schon sagt führt sie am Eisfjord entlang. Die Aussicht ist beeindruckend.
Die blaue Route startet am Hundeschlittenplatz. Es folgt ein Aufstieg zur Felserhebung Qilakitsoq, dann läuft man an der Küstenlinie entlang bis zum Seqinniarfik (Holms bake). Jedes Jahr am 13.01 um 12:45 Uhr kommen die Einwohner Ilulissats hierher, um die Sonne zu begrüßen, die sich nach 6 wöchiger Abwesenheit dann erstmalig zeigt. Etwas weiter entlang des Fjords, hatten wir das Gefühl einfach nur auf einem Berganstieg zu stehen, als Kaare uns sagte dass wir uns auf alten Inuit Gräbern befinden. Die Verstorbenen wurden unter Steinen begraben. Wenn kein Schnee liegt, wäre es möglich alte Skelette zu sehen. Spannend.
Rechts seht ihr die blauen Wegmarkierungen. Drei Tage später, nach heftigem Schneefall, war das nicht mehr so einfach.
Ausblick auf den Eisfjord. Man kann die Bewegung der Eisberge hören und sehen. Ab und zu brechen Teile ab und sorgen für ordentlichen Wellengang.
Anja, Kaare und ich. Wir hatten eine Menge Spaß gemeinsam. Ich kann euch nur empfehlen auf die Einwohner zuzugehen. Sie sind alle sehr herzlich, hilfsbereit und haben eine Menge interessanter Geschichten zu erzählen.
Folgt man den blauen Markierungen weiter, gelangt man zur Altweiberschlucht (Kaellingekloften). An diesem Steilrand haben sich zu damaligen Hungersnöten die Frauen in die Tiefe gestürzt. Den Überlieferung nach, wählten sie den Freitot, um das Überleben der jungen Einwohner zu gewährleisten. Sehr mutig.
Dieses Bild ist an einem anderen Tag beim Sonnenuntergang entstanden. Die Färbung des Himmels und das Blau des Eises war einfach toll anzusehen. An dieser Stelle zu sitzen, die Zeit zu genießen und das Leben zu endschleunigen, das lohnt sich.
Hier auf Nordlichter zu warten ist auch eine sehr gute Idee. Wir haben es gewagt, mit heißem Tee, Keksen, Stirnlampen, Steigeisen und sehr warmen Sachen. Die Nacht war sternenklar, aber die Aktivität der Nordlichter nicht der Rede wert. Schade.
Ich konnte es mir allerdings nicht nehmen lassen und bin an unserem letzten Tag 6:30 Uhr erneut zu diesem Aussichtspunkt aufgebrochen. Das Thermometer zeigte minus 17 Grad Celsius und der Wind pfiff mir heftig um die Ohren. Der Ausblick war es aber wert.
Verlässt man den Aussichtspunkt Kaellingekloften und folgt weiter den blauen Markierungen, gelangt man zu einer alten Inuit Siedlung (Sermermiut). Ausgrabungen haben ergeben, dass jede Inuit Kultur die in Grönland siedelte sich hier niedergelassen hat. Die ersten Menschen lebten 2000 Jahre v.Chr. in dieser Siedlung, die letzten verließen sie 1850. Über einen Holzsteg, sofern er freigelegt ist, führt der Weg anschließend zurück zum ehemaligen Heilport der Stadt. Der Wanderweg wird mit knapp 7km Länge und 5h ausgewiesen. Wir haben bei normaler Geschwindigkeit, einer langen Pause, einer verrückten Fotografin im Gepäck und rutschigen Wegen 4h benötigt.
Dieser Holzweg führt direkt zurück zum ehemaligen Heilport der Stadt. Wer für eine tolle Aussicht auf den Sonnenuntergang nicht bis zum Aussichtspunkt Kaellingekloften laufen möchte, kann hier den Tag ausklingen lassen.
Der zweite Wanderweg ist die gelbe Route. In einigen Reiseführern wird sie als grüne Route beschrieben. Sie startet am Kraftwerk der Stadt und endet ebenfalls am ehemaligen Heilport. Beide Wanderrouten liegen im UNESCO Weltnaturerbegebiet. Ein Ranger achtet darauf, dass die Besucher sich korrekt verhalten. Für mich nicht nachvollziehbar, dass es überhaupt gesagt werden muss, das kein Müll zurückgelassen und die Natur nicht beschädigt werden soll.
Vom Kraftwerk aus sollte man auf jeden Fall nochmal einen Blick zurück über die Stadt werfen. Die bunten Häuser sind zauberhaft und die Farben wirken durch den Schnee noch intensiver.
Die gelbe Wanderroute ist deutlich kürzer als die blaue, aber nicht weniger eindrucksvoll. Sie wird mit 2,7km und einer Dauer von 1,5h beschrieben. Die 1,5h sind im Sommer realistisch. Da der Weg aber viele Tiefschneepassagen hatte, dauerte es bei uns länger. Ich räume allerdings ein, dass unterwegs einige Bilder entstanden sind und ich mich genötigt sah auf jede Anhöhe links und rechts zu steigen.
Der Weg führt zum Kap Kingittoq, von wo man eine großartige Aussicht über die Eisberge genießen kann.
Eine Markierung die man nicht übersehen kann.
Auf dem Rückweg blickt man erneut auf die Stadt und den ehemaligen Heilport, wo sich heute viele der Schlittenhund Unterbringungen befinden.
Der Wanderweg führt am alten Friedhof vorbei. Der neue Friedhof befindet sich in der Nähe des Flughafens.
In einigen Reiseführern ist von einer dritten Wanderroute zum Flughafen die Rede. Ich würde sie eher als Spazierweg bezeichnen. An der Hauptstraße Richtung Flughafen, befindet sich linker Hand das Hotel Arctic. Von hier aus hat man eine schöne Aussicht über die Eisberge.
Folgt man der Straße noch etwas weiter gelangt man zum neuen Friedhof. Linker Hand ist eine Erhebung zu sehen. Wenn man die bis zur Spitze nach vorn geht (Nuugarsuk) hat man eine wundervolle Aussicht über die Bucht. Auf dem oberen Bild ist das Hotel Arctic links zu sehen.
Das Bild zeigt den Flughafen von Ilulissat.
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Dani (Mittwoch, 06 April 2016 22:16)
Wirklich super informativ geschrieben, ein tolles Reiseziel. Wie schön, das Du das gemacht hast!
Chris (Sonntag, 24 Februar 2019 20:26)
Der Bericht machl Lust ,auch im Winter nach Grönlnand zurückzukehren.
Ich hatte mit 3 Freundinnen im August 2018 5 tolle Tage in Ilulissiat und wir sind auch die blaue und gelbe Route im herrlichen Sonnenschein gelaufen.
Diana (Sonntag, 23 Februar 2020 21:22)
Hi Chris, ich denke noch heute gern an die Reise zurück. Der viele Schnee und das Eis waren unbeschreiblich schön. Das Wetter kann dir zu der Jahreszeit natürlich auch einen dicken Strich durch die Reiserechnung machen, aber ich würde immer wieder den Winter wählen.